Vertrauensvolle Beziehungen sind für das körperlich-emotionale und seelische Wohlergehen von jedem Menschen unabdingbar. Wir sind als Menschen von jeher Gruppenwesen. Vertrauensvolle Beziehungen sind ausschlaggebend für unser Selbstwertgefühl und unsere Orientierung in der Welt.

Wir brauchen als Neugeborene unbedingt andere Menschen und können allein nicht überleben. Von Geburt an haben wir das innige Bedürfnis, enge intensive Gefühlsbeziehungen zu anderen Menschen herzustellen. Denn wir brauchen diese engen emotionalen Beziehungen, um uns geschützt und geborgen zu fühlen. Um ein Grundvertrauen in die Welt, in andere Menschen und in uns selbst zu entwickeln.

Wir benötigen vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen für die Befriedigung unseres Bedürfnisses nach Bindung und Nähe, nach Austausch, Zugehörigkeit, Hingabe und Liebe.

Ein vertrauensvoller Start ins Leben

Sind die Bedingungen für den Start in unser Leben gut, entwickelt sich von Beginn unseres Erdendaseins ein Grundvertrauen. Ein Grundvertrauen im Menschen entsteht sehr früh, oft schon vor der Geburt. Hier geht es ganz besonders um die Mutter-Kind-Beziehung und die Mutter-Kind-Bindung, um die Erfüllung der physischen Grundbedürfnisse (Essen, Trinken, Schlaf, Wärme…) und die Möglichkeit, bei Kummer und Schmerz getröstet zu werden.

Ein Mensch, der sich am richtigen Platz und sich sicher fühlt in seiner Familie, der muss nicht ständig auf der Hut sein, um Gefahren und Nähe auszuweichen. Er kann sich selbst und seinen eigenen Handlungen und Gefühlen und denen anderer Menschen vertrauen. In der Seele, im Zellbewusstsein und im Gehirn wird die Erfahrung abgespeichert, geborgen und sicher zu sein. Das ist ein großer Segen.

Wenn der Start ins Leben nicht so einfach war

Doch nicht immer sind die Bedingungen für den Start ins Leben so günstig. Traumata in der Herkunftsfamilie der Eltern, selbst erlebte Traumata vor oder während der Geburt können den Start ins Leben erschweren und ein Grundvertrauen von vornherein unmöglich machen. Auch Trennungen und Traumata in den ersten 3 Lebensjahren hinterlassen Schmerzen und Narben in der Seele. Dann entsteht statt eines vertrauensvollen Sich einlassen können ein Zustand ständiger innerer Vorsicht, um neuen Gefahren zu entgehen.

Vorsicht ist von Natur aus sinnvoll

Vorsicht und Umsicht sind von Natur aus sinnvoll und wichtig für unser Überleben. Denn das Leben ist ständiger Wandel. Nichts bleibt wie es ist, wirklich gar nichts. Nicht nur die Lebensbedingungen, auch die Menschen um uns herum ändern sich unentwegt. Vorsicht ist deshalb ein wichtiger Überlebensschutz. Erst einmal zu schauen, ob wir bei dem Menschen uns gegenüber sicher sind war immer und ist auch jetzt noch überlebenswichtig.

Wir brauchen jedoch unbedingt Inseln der Sicherheit und Geborgenheit, Menschen denen wir vertrauen können, um nicht in Dauerspannung immer auf der Hut und auf der Suche nach einem sicheren Platz zu sein. Denn wenn die Vorsicht und das Misstrauen überwiegen schränken sie unser Leben stark ein.

Kein Mensch ist hundertprozentig vertrauenswürdig

Kein Mensch ist hundertprozentig vertrauenswürdig. Auch du nicht und auch ich nicht. Es geht nicht, das liegt in der Natur des Lebens an sich. Leben ist unablässig Veränderung. Und im Miteinander mit anderen Menschen werden wir irgendwann auch enttäuscht werden, getäuscht werden, uns verraten fühlen und diesem Menschen dann nicht mehr vertrauen können. Auch wir werden andere Menschen verletzen, meist ungewollt, es bleibt nicht aus. Unser Leben ist ein ewiges Lernen. Versuch und Irrtum schließen auch Fehler mit ein.

Vertrauen in andere Menschen ist immer ein Vorschussvertrauen

Vertrauen in andere Menschen ist deshalb immer ein Vorschussvertrauen. Eine innere Entscheidung. Mal treffen wir sie bewusst, meist jedoch unbewusst. Sie beinhaltet immer ein Risiko. Ein Vorschussvertrauen heißt, unser Herz und unseren „inneren Garten“ denen öffnen, von denen wir glauben, dass sie unsere inneren Blumen nicht zertrampeln und unseren Garten achten.

Auch wenn du verletzt worden bist, auch wenn du schmerzende Erfahrungen machen musstet: Gib immer wieder einem anderen Menschen ein Vorschussvertrauen. Es ist eine Hinwendung, ein inneres Öffnen, ein inneres „Ja“ zu deiner Fähigkeit, mit einem anderen Menschen in vertrauensvolle Beziehung zu gehen. Denn es ist die tiefste Bewegung unserer Seele: Sie möchte vertrauen können und lieben dürfen.

Es gibt nur zwei Bewegungsformen in unserem Inneren

Es gibt nur zwei Formen der Bewegung unserer Seele in unserem tiefsten Inneren: Eine Hinbewegung und eine Wegbewegung. Die Hinbewegung bezeichnen wir als Liebe. Wir möchten jemandem nahe sein. Die Wegbewegung entsteht aus Angst. Wir fürchten uns und wollen Abstand, wollen weg, wollen in Sicherheit kommen.

Der dritte Zustand, der weder eine Hinbewegung noch eine Wegbewegung zulässt, ist die Starre. Bewegungslos stehen wir mit angespannter Muskulatur und angehaltenem Atem, wenn es weder die Möglichkeit einer Hinbewegung noch einer Wegbewegung gibt. Schwere Traumata ermöglichen nicht, uns hin- oder wegzubewegen. Sie hinterlassen in der Seele eine Bewegungsunfähigkeit der Starre.

Fehlendes Vertrauen und Traumata

Besonders bei Bindungstraumata, wie Trennungen (z.B. Krankenhaus, kleine Kinder zur Kur ohne Mutter), bei Verlusttraumata (z.B. Tod eines Familienangehörigen), bei Existenztraumata (z.B. Operationen, Gewalt, Krieg) wird unsere Fähigkeit zu vertrauen tief verletzt. Aber auch schlechte Erfahrungen durch Bezugspersonen, z.B. durch Abwertung, können das Vertrauen des Kindes tief erschüttern.

Wenn die Verletzungen nicht lebensbedrohlich sind können wir daraus lernen. Doch wenn sie unser Verarbeitungs- und Heilungspotential übersteigen, entstehen bleibende, in den Körperzellen und im Gehirn abgespeicherte Verletzungen unserer Fähigkeit, anderen Menschen zu vertrauen.

Wenn es dir immer wieder schwer fällt, in andere Menschen zu vertrauen, dann gönne dir die Teilnahme an der Jahresgruppe „Aufstellungen in Gruppen und im Einzelsetting“, sie ist ein Geschenk von dir an dich selbst für dein ganzes Leben.

Fehlendes Vertrauen und unsere Gefühle

Wenn das Vertrauen fehlt, zeigt sich das in sehr verschiedenen Gefühlen. Die Gefühle von Schuld, Unsicherheit, Misstrauen, Anspannung, Angst vor Berührung und Nähe, die Unfähigkeit zur Hingabe, zum Sich einlassen können, aber auch Gefühle wie Groll, Wut, Neid, Hass, Sehnsucht und Einsamkeit können Traumata zur Ursache haben.

Fast ausnahmslos sind diese Ursachen mit unserem Denken nicht wirklich zu erfassen. Sie liegen verborgen in unserer Familiengeschichte, manchmal schon in der Geschichte der Eltern und Großeltern, aber auch in unseren eigenen Kindheitserlebnissen begründet. Und oft gibt es auch nicht nur eine Ursache, sondern mehreres ist miteinander verwoben und bedingt einander.

Verstrickungen und Traumata deiner Familiengeschichte lösen

Wenn du schon vieles ausprobiert hast und dich dennoch immer wieder belastende Gefühle bedrücken oder einengende Muster dich einschränken, dann ist es ein guter Weg, eine Familienaufstellung zu machen, damit sich verborgene Dynamiken zeigen und lösen können, die dein Denken bisher nicht erfassen konnte. Dann wirst du frei für neue Schritte. Und die Fähigkeit, ein Risiko einzugehen und neu zu vertrauen entsteht dann viel, viel leichter. Hier findest du die Termine für die Aufstellungsseminare und kannst dich hier auch für ein Seminar anmelden.

Auch wenn du in der Partnerschaft einen Vertrauensbruch erlebt hast ist eine Aufstellung ein wunderbarer Schritt, um die darunterliegenden inneren Bewegungen zu erkennen, zu lösen und heilen zu können. Wenn du ganz bewusst in deinem Leben einen Verrat und Vertrauensbruch erlebt hast, dann lies hier den Artikel „Enttäuschung, Verrat und Vertrauensbruch. Was du tun kannst gegen Groll und Verbitterung.

Neue neuronale Muster im Gehirn durch eine Familienaufstellung

Wir brauchen neue vertrauensvolle Erfahrungen. Wir brauchen neue emotionale Körpererfahrungen, um Geborgenheit und Vertrauen am eigenen Leibe zu erleben.

Wir brauchen die Erfahrung, in Sicherheit im Herzen und am Leib berührt werden zu können. Wir brauchen Hilfe, dass unsere Angst abfließen kann, einen Menschen, der unseren Schmerz aushält und uns durch den Schmerz begleitet. Schritt für Schritt, bis neue neuronale Muster gebildet werden und der Körper versteht, dass die Gefahr vorbei ist, dass jetzt jetzt ist und dass er neu vertrauen kann. So entstehen neue innere Bilder, die neue neuronale Muster in unserem Gehirn ermöglichen.

Zweimal im Jahr leite ich ein Seminar zum Thema Vertrauen am Benediktushof in Holzkirchen. Der Benediktushof ist ein ganz besonderer Ort der Stille. Im Seminar arbeiten wir mit Familien- und Traumaaufstellungen, Körperarbeit, Gespräch und Meditation. Das Sitzen in der Stille unterstützt uns, uns zu zentrieren und aus unserer inneren Mitte heraus zu handeln. Hier findest du die Termine und kannst dich hier auch anmelden.

Vertrauen in dich selbst

Wenn du dir selbst vertrauen kannst ist das eine wunderbare Grundlage, anderen Menschen zu vertrauen. Denn dann kennst du deine Gefühle und Reaktionsmuster, kennst deine Handlungsmöglichkeiten und hast ein gutes Gefühl, wo Vorsicht wichtig ist und wo du vertrauen kannst. Du hast ein sicheres Selbstbild und ein gutes Selbstwertgefühl.

Ich wünsche dir immer wieder wunderbare Momente des Vertrauens. In das Leben, in andere Menschen und in dich selbst.

Herzlichst
Renate

 

 


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Text und Foto: Dr. Renate Wirth

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